Aufgaben Altes Testament

Einleitung: Wer ist der Gottesknecht?

Der Text, der zum Ausgangspunkt der Verkündigung des Philippus wird, stammt aus dem Buch des Propheten Jesaja. Sie kennen ihn vielleicht aus der Liturgie am Karfreitag; hier wird er gekürzt wiedergegeben:

Auszug aus dem Buch des Propheten Jesaja

Seht, mein Knecht wird Erfolg haben, er wird sich erheben und erhaben und sehr hoch sein. … er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. … Er wurde bedrängt und misshandelt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf vor seinen Scherern verstummt, so tat auch er seinen Mund nicht auf. … Bei den Frevlern gab man ihm sein Grab, und bei den Reichen seine Ruhestätte, obwohl er kein Unrecht getan hat und kein trügerisches Wort in seinem Mund war. Doch der HERR hat Gefallen an dem von Krankheit Zermalmten. … Mein Knecht, der gerechte, macht die Vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich …
(Jes 52,13-53,12, EÜ 2016)

Der Text wird im Christentum von den frühen Anfängen bis heute dazu verwendet, das unschuldige Leiden und Sterben Jesu als ein Geschehen zu verstehen, das „die vielen gerecht macht“ (53,11). Der „Knecht“ wird mit Jesus Christus identifiziert. Jüdische Leser*innen werden dagegen kaum auf diesen Gedanken kommen, ja, vielmehr diese Vorstellung grundsätzlich ablehnen. Eine jüdische Lesart, die im Mittelalter angesichts von Unterdrückung und Pogromen aufkam, ist eine kollektive Deutung des Knechtes auf das jüdische Volk hin, das unschuldig Bedrückung, Elend und Tod erleidet.

Wer „hat recht“? Da wir den Autor des Textes nicht mehr fragen können, was der „ursprüngliche“ Sinn des Textes gewesen sein mag, versucht die Exegese den im Text liegenden Aussagemöglichkeiten näherzukommen. Nur einige wenige Wegmarken dieser Spurensuche für den obigen Text können hier verzeichnet werden.

Hebräische Schriften