Aufgabe Literaturwissenschaft – Ihr Ergebnis

 

Eine solche Aufgabe könnte Teil eines Seminars (etwa zur Gattung des microrrelato, der ‚Kürzestgeschichten‘, oder zu kolonialen Mythen früher und heute) oder eines Interpretationskurses sein. Auch zur Anwendung postkolonialer Ansätze in einem Einführungskurs könnte die Aufgabe als Beispiel dienen. In der Regel geschieht die Arbeit an solchen Texten aber nicht, wie hier, durch eine simple Zuordnung, sondern in Form einer Diskussion oder schriftlich in Gestalt eines ausformulierten Interpretationstextes.

Mit zunehmendem Studienniveau werden die Methoden und Begrifflichkeiten, u.U. auch die Texte, auf die sich neuere Werke parodierend beziehen, dann auch vorausgesetzt, so dass es zunehmend Aufgabe der Studierenden selbst ist, die Fragestellung, unter der ein literarischer Text interessant ist, zu bestimmen.

Ziele der Aufgaben

Diese Beispieleinheit sollte zwei Aspekte literarischer Texte verdeutlichen, die Gegenstand literaturwissenschaftlicher Studien sein können, nämlich einerseits die ideologische Perspektive, also z.B. die (nationale, religiöse, …) Stilisierung, die ein Text betreibt oder hintertreibt, andererseits den Umstand, dass Texte untereinander in Beziehung treten, aufeinander anspielen, andere Texte parodieren können, und das mitunter über Hunderte von Jahren hinweg (sog. ‚Intertextualität‘). Ausgeblendet wurde hier die weiter gehende Frage, welche Rolle Gattungsmuster und der Unterschied von ‚faktualem‘ und ‚fiktionalem‘ Erzählen spielen, wie es also z.B. die Lektüre beeinflusst, dass (und wie) der eine Text sich als Bericht, der andere sich offen als Literatur zu erkennen gibt.

In der simplen Übungsaufgabe ging es darum, einen Text mit einer bestimmten Forschungsprämisse zu lesen. Nichts anderes ist im Prinzip die Interpretation, eines der Kerngebiete der Literaturwissenschaft. Die Machart eines Textes zu erkennen und mit adäquaten Begriffen zu beschreiben, ist eine zentrale Fähigkeit von Literaturwissenschaftler*innen. Für die Romanistik kommt natürlich noch hinzu, die romanischsprachigen Texte adäquat verstehen und das nötige kulturelle Hintergrundwissen in die Lektüre einbinden zu können.